Einfach mal so ein Jahr nach Amerika gehen und alles bleibt so wie es ist? Das funktioniert nicht so ganz. Wenn man sich dafür entscheidet, muss man mit einigen Umstellungen rechnen. Ein großer Unterschied ist natürlich von Freunden und Familie getrennt zu sein, aber für mich persönlich war das eher nicht so schlimm. Vor allem als Sportler findet man sehr schnell Anschluss und hat vorzugsweise auch einen Coach und eine neue Mannschaft mit der man sich gut versteht. Ich bin jetzt zum Beispiel seit 8 Monaten in Baltimore an der Coppin State University und spiele Volleyball und wenn ich über den Campus gehe werde ich von mindestens jeder zweiten Person begrüßt. Fast Jeden kennt man vom sehen, einen Großteil mit Namen und von der Hälfte kann ich kleine Geschichten erzählen.
Apropos Campus. Da sich dort der Großteil des Lebens abspielt, ist es natürlich vorteilhaft einen schönen Campus zu haben. Meine Uni ist eher klein, ist aber in den letzen Jahren zu etwas Geld gekommen und es wird gerade kräftig renoviert. Der “Physical Education Complex” ist wunderschön, modern und auf das Beste ausgestattet. Wir haben eine große Halle in der Basketball gespielt wird, eine kleinere Halle, die zweigeteilt werden kann, in der wir trainieren, in der aber zum Beispiel auch Baseball trainiert werden kann. Schließlich haben wir noch eine öffentliche Halle in der Kurse stattfinden und wann immer sie frei ist, wird sie von Studenten zum Basketball spielen genutzt. Ein Schwimmbad findet sich ebenfalls im Gebäude, wobei meine Uni selbst kein Schwimmteam hat, es finden darin aber Work-outs verschiedener Mannschaften statt. Und schließlich noch der Kraftraum. Wir haben ein offizielles “Fitness Center” und einen kleineren Kraftraum, speziell für die Athleten. Beide sind top ausgerüstet und wir haben einen Trainer speziell für “Weights”. Ansonsten wurde die alte Halle gerade abgerissen und ein Parkplatz gebaut. An sich eine sehr schöne Idee, mit viel Wiese und Bäumen. Der Rest der Uni ist ebenfalls sehr schön. Relativ modern Gebäude und einige Grünflächen. Und auch mein Zimmer ist relativ geräumig und ich habe die beste Mitbewohnerin die man sich wünschen kann. Von solch einer Mitbewohnerin kann man nur träumen.
Und damit kommen wir zu meiner Mannschaft. Meine Mitbewohnerin kommt aus Lettland und ist unsere Stellerin. Wir haben eine Spielerin aus Puerto Rico und der Rest sind Amerikanerinnen. Was ich bisher unerwähnt gelassen habe, ich studiere an einer HBCU, einer “Historical Black College and University”. Von daher ist meine Mannschaft, ebenso wie die Uni, zu 90% schwarz. Ich persönlich war sehr gespannt wie sich das so entwickeln würde, habe aber nur wenige meiner Ängste bestätigt bekommen. Ich hatte (naiverweise) befürchtet, dass ich aufgrund meiner weissen Haut vielleicht ausgeschlossen werden würde, oder mir vorgeworfen werden könnte, ich sei rassistisch. Davon ist nichts eingetreten. Die Amerikaner machen interessanterweise einen Unterschied zwischen “White” und “European” und selbst dann waren meine Befürchtungen komplett unbegründet. Es werden eher Witze darüber gerissen. Ich habe zum Beispiel ein relativ schlechtes Namensgedächtnis und verwechsel hin und wieder Leute. “Just because we’re black, all right. Black people look all the same for you” bekommt man dann hin und wieder mit einem Lachen zugeworfen. Bestätigt hat sich eigentlich nur, dass die Amerikaner sehr schnell sehr laut werden können. Gewöhnungsbedürftig, aber nicht schlimm. Aber zurück zur Mannschaft. Unsere Trainerin war letzte Saison das erste Jahr an der Uni und hat viele neue Spielerinnen rekrutiert. Von daher war ich nicht die einzige Neue, wir hatten tatsächlich von 12 Leuten nur 3 “Alte”. Unsere Trainerin hat es sich von Anfang an zur Aufgabe gemacht, dass wir uns besser kennen lernen und hat dafür einige verschiedenen Methoden angewandt. So haben wir zum Beispiel Vor- Mittel- und Nachnamen jeder Spielerin wissen müssen und auch wie deren Eltern heißen. Das mag etwas seltsam klingen, hat aber den Vorteil, dass man sich von Anfang an über ein neutrales Thema unterhält. Und wann immer wir auf Reisen waren, haben wir wechselnde Zimmerpartner gehabt, sodass man sich mit jedem auch mal ein Bisschen privat unterhält.
Neben dem Sportler-Sein gibt es natürlich auch noch den Unterricht, worauf an meiner Uni, auch vom Sportdirektor, zum Glück mehr Wert gelegt wird als auf sportliche Leistungen. Allerdings muss ich sagen, dass an meiner Universität das Level vom Unterricht mitunter eher meinem Oberstufenunterricht entspricht. Ich habe meine ersten Semester recht einfach mit einem GPA von 4.0 abgeschlossen, also alle 5 Fächer mit einem “A” beendet. Ich habe mir für dieses Semester daher einige Fächer ausgesucht, die mich etwas mehr fordern und auch Klassen, die sehr viel Spass machen. So habe ich einen bunten Mix aus Skulpturen-Workshop, einer Theater Klasse, Englische Grammatik, Französisch und Hip-Hop-Theorie (was deutlich schwerer ist als es klingt). Und trotzdessen, dass der Unterricht, für mich, sehr einfach war, habe ich erstaunlich viel über die Amerikanische Kultur dadurch erfahren. Ich hatte unter anderem US-Geschichte und es ist extrem interessant das Ganze nicht nur aus Amerikanischer, sondern aus Afro-Amerikanischer Perspektive zu betrachten.
Aber als “Student-Athlete” hat man mehr Aufgaben als nur gute Noten zu bringen. Durch das tägliche Training sind auch einfache Fächer manchmal schwer zu schaffen. Dazu kommen (vermutlich nicht an jeder Uni) sogenannte “Study-Hall-Hours”. Stunden in denen man in einem Computerraum oder auch normaler Raum mit Tischen sitzt und lernt oder Hausaufgaben macht. Ehrlich gesagt muss ich zugeben, dass dies eine ganz fantastische Möglichkeit darstellt nach den Hausaufgaben eine Weile mit Freunden und Familie über Facebook zu schreiben J. Aber auch Lerneinheiten während Reisen zu Turnieren und Spielen ist nichts Ungewöhnliches. Ich selbst bin von offiziellen Lerneinheiten verschont geblieben, habe aber meine Bücher oft genug im Bus aufgeschlagen.
Als Student-Athlete hat man aber natürlich auch gewisse Vorzüge. Fast jeder kennt einen, man hat ein gewisses Ansehen, und eine automatische Verbundenheit zwischen den Sportlern ist auch vorhanden. Man ist und isst niemals alleine. An dieser Stelle auch zu erwähnen, dass meine Cafeteria recht gutes Essen macht und man nicht nur “Junk-Food” bekommt sondern wir auch eine tägliche Salatbar, Suppen, Frischgekochtes, etc. da haben.
Einer meiner letzten Punkte, der die deutschen Sportler vermutlich auch interessieren dürfte ist die Feierei J. Mein Campus ist ein “dry campus”, also kein Alkohol auf dem Gelände, aber wozu hat man Regeln, um sie zu…naja. Und auch Feiern kann man ganz gut als Student in Amerika. Wobei man bei täglichem Training, und das morgens um 6 Uhr, erstaunlich wenig Lust verspürt feiern zu gehen. Ich selbst war zum Beispiel während der Saison auf genau 2 Parties. Aber ich weiß von anderen Studenten aus Europa, die an Universitäten in Amerika sind, dass Feiern doch ganz gut geht in Amerika J.
Alles in Allem möchte ich die Zeit hier um keinen Preis missen. Ich habe wunderbare neue Freunde gewonnen, Freunde für’s Leben. Erfahrungen gemacht, die ich in Deutschland niemals hätte machen können. Intensiver trainiert als je zuvor (und als Sportstudent soll das was heißen). Ich war in mehr US-Staaten als mancher Amerikaner, ich habe NY besucht, mehr als einmal, war in Washington vor dem Weißen Haus, habe meine Winterferien in Miami verbracht…
Nicht zu vergessen bei den Vorteilen ist natürlich auch die englische Sprache. Ich war schon vorher ziemlich gut in Englisch, aber das Level das ich jetzt habe, hätte ich ohne diesen Aufenthalt niemals erreicht.
Von daher kann ich dem Sport-Scholarships.com-Team nur danken. Sie haben sich sowohl vor meiner Abreise als auch nach meiner Ankunft hier vorbildlich und gedankenvoll um mich gekümmert. Der Kontakt ist niemals abgebrochen, spätestens nach ein paar Monaten ohne Nachricht von mir kam immer mal wieder eine kleine Nachfrage ob denn alles okay sei und ob ich Hilfe bräuchte. Auch um diesen Bericht hier wurde ich gebeten. Denn ihr, die ihr das hier lest (wenn ihr denn bis zum Ende gelesen habt) seid genauso wichtig und sollt genauso gut vorbereitet werden wie ich es war J
Also in diesem Motto “Have fun, enjoy every moment and have experiences that will change your life”
Liebe Grüsse
Janka
(A War Eagle at Coppin State!!!)
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